
Es klingt nach Science Fiction: Menschen, die mit persönlichen Sensoren ausgestattet und so mit ihren Häusern vernetzt sind, schlaue Computer, die automatische Tierseuchen bannen, Sensorknoten, die orts- und zeitgenaue Wetterberichte liefern oder Waldbrände im Keim ersticken.
Für Dr. Frank Grassert und Dr. Matthias Handy sind solche Vorstellungen ebenfalls Science Fiction. Doch die beiden Elektrotechniker der Universität Rostock arbeiten an der möglichen Umsetzung derartiger Fantasien. Sie haben einen so genannten drahtlosen Sensorknoten entwickelt. Dieser ist Voraussetzung für ein drahtloses Sensornetzwerk, welches wiederum die Grundlage für die eingangs genannten Anwendungen sein könnte. Allerdings machen sich Grassert und Handy nichts aus Science Fiction. Sie arbeiten viel lieber an einer konkreten Anwendung ihrer Entwicklung. So sollen die von ihnen konstruierten Sensorknoten eingesetzt werden bei der Überwachung gefährlicher Gase in Laboratorien. Beispielsweise. Ebenso könnten sie „das Mikroklima in Gewächshäusern bei der Pflanzenzucht kontrollieren“, sagt Grassert. Denkbare Einsatzmöglichkeiten sind auch die Luftgüte- und Schadstoffüberwachung, die Einbruchserkennung, das Aufzeichnen des Energieverbrauchs von Geräten oder auch die Prävention von Katastrophen. Oder, oder, oder. „Denkbare Szenarien gibt es viele“, sagt Handy. „Wir haben die Lösung, nun suchen wir Probleme dafür“, lacht er.
Ihr Sensorknoten kann tatsächlich all das – drahtlos überwachen. Denn jeder dieser streichholzschachtelgroßen Apparate könnte mit bis zu vier verschiedenen Sensoren bestückt werden. Ein Akku sorgt für Strom – und damit für den Einsatz in menschenleeren Gegenden oder in gefährlichen Umgebungen. Eine Funkeinheit ermöglicht darüber hinaus, dass die Daten kabellos übertragen werden.
Kommunikation ist das Entscheidende bei drahtlosen Sensornetzwerken. Denn Sensorknoten, die das leisten wie der von Grassert und Handy entwickelte, gibt es bereits viele. „Unser Evolutionsschritt“, so Grassert, „liegt darin, dass wir dem Knoten und dem Sensornetz gewissermaßen Intelligenz beigebracht haben.“ Hierzu haben die beiden Wissenschaftler eine Software geschrieben. Sie ermöglicht, dass die Daten von einem Sensorknoten zum anderen weitergefunkt werden bis die Basisstation des Sensornetzes erreicht ist. Damit sind die Sensornetze von Grassert und Handy beliebig erweiterbar und theoretisch unbegrenzt einsetzbar.
Diese Grenzen wollen sie nicht nur in der Wissenschaft überwinden, sondern auch in der Geschäftswelt. Ab 2008 soll ihr eigenes Unternehmen die Sensorknoten herstellen und vertreiben. Derzeit erhalten sie zudem eine Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums und des Europäischen Sozialfonds im Rahmen der „Exist-Seed“-Initiative. Diese ermöglicht es, am Programm „Spin Off“ teilzunehmen, das vom Forschungsverbund Mecklenburg-Vorpommern e.V. (FMV) angeboten wird. „Ziel des FMV ist es, Wissenschaftler zur wirtschaftlichen Verwertung ihrer Forschungsergebnisse zu befähigen“, sagt Frank Büttner, Geschäftsführer des FMV. „Spin Off“ ermöglicht es vor allem Gründern aus Hochschulen, verschiedene Trainer zu nutzen, die nur ihnen zur Verfügung stehen und welche die speziellen Schwierigkeiten von Hochschulausgründungen kennen. „So können wir genau an den Problemen arbeiten, an denen wir gerade sitzen“, sagen Grassert und Handy. Im Moment sei das vor allem das Thema Vertragsgestaltung. Schließlich wollen sie bei ihren ersten Kunden keine Fehler machen.
M.Lüdtke Erschienen in "Wissensmeer", Ausgabe 03/2007 |