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Auf Draht mit drahtlosen Netzen PDF Drucken E-Mail

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Das Rostocker Unternehmen Seneon bietet Lösungen zur schnellen und effektiven Erfassung vieler Messdaten. Damit peilt die junge Firma wirtschaftlichen Erfolg an. 

Wochenendausgabe, 04. August 2007

Rostock (OZ) Je höher die Qualitätsstandards in Wissenschaft, Forschung und Produktion werden, desto höher wird auch der Aufwand für Messreihen und Protokolle. Die Rostocker Firma Seneon, Geschäftsführer sind Dr. Matthias Handy (31) und Dr. Frank Grassert (32), bietet eine innovative Lösung: Sensoren für die verschiedensten Messdaten, die selbstständig ein kabelloses Netzwerk bilden, melden ihre Daten zuverlässig an eine zentrale Datenbank und erledigen ihre Kontrollaufgaben rund um die Uhr, über Monate und Jahre hinweg.

Stellen Sie sich ein medizinisches Forschungsinstitut vor; von denen es im Biotech-Land Mecklenburg-Vorpommern nicht wenige gibt. In etlichen Kühlschränken lagern organische Proben – vielleicht zur Entwicklung eines Impfstoffes gegen die Geflügelpest oder zur Untersuchung von Pflanzenkrankheiten, mit denen die Bauern wegen der Klimaerwärmung kämpfen. Stellen Sie sich weiter vor, Sie müssten die Temperatur in den vielen Kühlschränken während der gesamten monatelangen Versuchszeit ständig überwachen und genauestens protokollieren.



Sie könnten alle Stunde eine Runde machen und die Kühlschrankthermometer ablesen. Mit etwas Übung schaffen Sie das. Sie könnten auch elektronische Thermometer einsetzen, die Kabel quer durchs Institut verlegen, die Ablesegeräte auf Ihren Schreibtisch stellen. Jetzt müssten Sie nur noch ein paar Arbeitskräfte einstellen, die in der Nacht, am Wochenende und während Ihres Urlaubs den Schreibkram erledigen.



Besser wäre, Sie wenden sich an die Firma Seneon: Dann lösen Matthias Handy und Frank Grassert, Existenzgründer in Rostock, Ihr Problem. Der eine kennt sich mit Sensornetzen und energiesparender Software aus, der andere weiß bestens über Mikroelektronik, Automatisierungstechnik und Schaltungen mit wenig Leistungsverlust Bescheid. Die beiden würden in jeden Ihrer Kühlschränke ein kleines graues Kästchen legen, groß wie eine Streichholzschachtel, eine Software auf Ihrem Laptop installieren und sagen, wie alles funktioniert.



Damit wäre Ihr Problem gelöst. Sie bräuchten nur noch Ihr Messprotokoll ausdrucken und gegebenenfalls auf ein Warnsignal reagieren, falls einer Ihrer Kühlschränke heiß gelaufen ist – oder vielleicht auch mangels persönlicher Zuwendung – mit Unterkühlung reagiert.



„In unserem Firmennamen Seneon steckt eine Menge“, sagt Matthias Handy. „Sensor, Netzwerk, Online – das war unsere Absicht.“ Eigentlich sei es egal, ob man Temperatur, Luftdruck, Feuchtigkeit, den Gehalt an bestimmten Gasen, alles zusammen oder ganz andere Faktoren misst. „Unser Know-how steckt in Funkeinheiten und Software“, sagt Frank Grassert. „Unsere Messeinheiten bilden selbstständig ein Netzwerk, funken regelmäßig ihre Daten an eine Zentrale, sind äußerst sparsam mit Energie und dadurch enorm langlebig und zuverlässig.“



Gleich nach seiner Promotion 2005 hat sich Grassert intensiv mit Sensornetzen befasst. Hierbei kam er mit Matthias Handy zusammen, der Ende 2006 auf diesem Gebiet promovierte. Beide fanden das Thema interessant. „So interessant, dass es sich lohnt, sich damit selbstständig zu machen“, sagt Grassert. 2006 haben beide ihren ersten Geschäftsplan geschrieben. „Dabei mussten wir uns erstmals auch mit unangenehmen Dingen befassen, die Existenzgründer mit einer guten Geschäftsidee vielleicht zu wenig betrachten“, sagt Grassert. Konkurrenzsituation, die Finanzierbarkeit, Gespräche mit Banken, Kundengewinnung, Ertragsvorausschau und Werbung. „Dabei hat uns enorm das Material geholfen, das man bei den offiziellen Stellen bekommt“, sagt Handy.



Die Mühe hat sich gelohnt: Das Bundesforschungsministerium brachte sich mit einem Förderbeitrag in die Existenzgründung ein: eine halbe Planstelle an der Uni Rostock und damit genügend Luft, um finanziell in der Gründungsphase über die Runden zu kommen. Vordere Plätze beim landesweiten Existenzgründerwettbewerb „Einfach anfangen“ sorgten für erhöhte Aufmerksamkeit und gutes Image.



Anfang März 2007 wurde die Seneon Sensornetze GbR als Gewerbe angemeldet. Seitdem heißt es für Handy und Grassert vor allem, „Kunden gewinnen“. Zwar seien die Einsatzmöglichkeiten ihres Systems beinahe grenzenlos, erzählen die beiden Jungunternehmer. Im Hochwasserschutz etwa bei der Überwachung von Deichen, in der Lebensmittelproduktion bei der Lagerung in Silos oder Kühlhäusern. Doch die Rostocker setzten zunächst auf die Bereiche Wissenschaft, Forschung und Pharmazie. Der Grund: „Es sind meistens junge Unternehmen mit jungen Leuten, die neuen Lösungen und neuer Technik sehr aufgeschlossen gegenüberstehen“, sagt Handy.



Hilfe suchten und bekamen die Jungunternehmer bei all ihren Schritten in die Selbstständigkeit vom Bildungswerk der Wirtschaft (http://www.bwmv.de/), vom Forschungsverbund MV (http://www.fmvev.net/) sowie von der Exist-Seed-Förderung (www. bmbf.de) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung. „Da war immer jemand für uns da, wenn es galt, ganz aktuelle Probleme zu lösen“, sagt Grassert. „Dinge, an die kaum jemand denkt, der sich mit einer Geschäftsidee auf den Weg macht.“



Vielleicht ist auch das ein Grund, meinen die beiden, dass sie bisher nie ans „Hinschmeißen“ gedacht haben. „Nur eines mussten wir lernen“, sind sich die Firmenchefs einig: „Der Weg zum Erfolg ist viel länger, als wir anfangs glaubten. Wichtig ist, Schritt für Schritt voranzugehen.“



Und natürlich sind Visionen wichtig: In zehn Jahren soll die Firma Seneon 50 bis 100 Beschäftigte, Kunden in Wissenschaft, Forschung und Industrie nicht nur in Europa haben. Grassert ist überzeugt: „So viel steckt drin in unserer Idee.“



KLAUS WALTER



 

 
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